Epilog

1. Januar

„Und?“

„Was, und?“

„Und warum rufen Sie mich am Neujahrstag an, Dr. Hansen?“

„Nun, ich … ich wollte nur hören … ich wollte nur mal fragen …“

„Sie wollten nur wissen, ob ich noch lebe?“

„Ääähm … na ja … ich … also … okay – Sie haben mich sozusagen mit heruntergelassen Hosen erwischt. Ja, ich gebe zu: Es interessiert mich, wie es Ihnen geht.“

„Danke der Nachfrage. Soweit ich weiß, lebe ich noch.“

„Ja ha ha …“ ein leises Lachen entfuhr der sonst so beherrschten Ärztin. „Das freut mich zu hören … ich habe mir erlaubt, Sie anzurufen, weil ich jetzt sieben Wochen lang nichts von Ihnen gehört habe.“

„Oh, ja, bitte entschuldigen Sie … ich war sehr beschäftigt.“

„Natürlich … ich verstehe. Ich hoffe, Sie haben alle die Dinge erledigen können, die Ihnen wichtig sind?“

„Ja, das habe ich … mit Freunden telefonieren und mailen und skypen, eine Litfaßsäule betrachten, CDs und DVDs einsortieren, Zeitung kaufen, und … und irgendetwas zu tun hat man ja irgendwie immer, nicht wahr?“

„In der Tat …“ Doktor Hansen hatte den Eindruck, dass er noch nicht alles erzählt hatte. „Und sonst so?“

„Ach so, ja … ich habe mit dem Schreiben begonnen.“

„Oh, das ist schön. Darf ich fragen, was Sie da geschrieben haben?“

„Na ja, eigentlich nichts Besonderes … zunächst habe ich so ein bisschen autobiographisches Material angesammelt, dann habe ich das erweitert um ein paar bekannte Persönlichkeiten und historische Begebenheiten. Ich habe einfach über das geschrieben, was mich so interessiert: über Menschen und Tiere, über Natur und Technik, über Glauben und Wissenschaft, über Bürokratie und Kreativität, über Philosophie und Kunst, über Fantasie und Realität und auch über Leben und Tod. Dann hat sich das irgendwie alles miteinander vermischt. Und letzte Woche, an Heiligabend ganz früh, habe ich ein Gedicht geschrieben.“

„Ah, na das hört sich ja sehr gut an. Und was machen Sie mit dem ganzen Material?“

„Nun, weil mir das alles etwas zu sehr auf meine Person fixiert erschien, habe ich dann noch ein bisschen herum fantasiert, wie wohl mein Aufgeschriebenes als Film aussähe und was wohl geschähe, wenn man diesen Film und meine persönlichsten Wünsche mittels technischer Umsetzung realisieren könnte… Ich habe die ganze Zeit seit Weihnachten mit dem Versuch verbracht, all diese Dinge in eine literarische Form zu bringen. Letzte Nacht bin ich damit fertig geworden. Ich weiß, es klingt anmaßend, aber ich denke… ich denke,
es ist so eine Art Roman.“